27.09.25 - [Update 03.10.25] / Autor: Jörg Ertelt

Weder Fisch noch Fleisch: Vorgeblicher Bürokratieabbau beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Das BMWE hat verkündet (26.09.25):

Sofortige Entlastung für Unternehmen

BMWE weist BAFA zu Zurückhaltung beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an

Wir haben soeben das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angewiesen, bei der Anwendung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes zurückhaltend und unternehmensfreundlich zu agieren.

Jetzt ist Schluss mit überbordender Bürokratie beim Hashtag#Lieferkettengesetz: Am 3. September hatten wir im Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der die derzeit im Gesetz verankerte Berichtspflicht für Unternehmen ersatzlos und rückwirkend streicht, ebenso wie neun von dreizehn Tatbeständen im Katalog der Ordnungswidrigkeiten.

Wir wollen aber, dass die Unternehmen so schnell wie möglich spürbar und rechtssicher entlastet werden - deshalb haben wir im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales das für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes zuständige BAFA bereits jetzt angewiesen, die Prüfung von Unternehmensberichten ab sofort einzustellen. Soweit der Gesetzentwurf die Streichung von Bußgeldtatbeständen vorsieht, wird das BAFA laufende Ordnungswidrigkeitenverfahren auf Grundlage dieser Tatbestände ebenfalls einstellen und keine neuen Verfahren eröffnen. Bußgelder werden nur noch bei schweren Verstößen verhängt, die mit besonders gravierenden Menschenrechtsverletzungen zusammenhängen.

In einem nächsten Schritt soll das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz durch eine bürokratiearme Umsetzung der europäischen Richtline Hashtag#CSDDD ersetzt werden. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Belastungen der Unternehmen aus der Umsetzung der Vorgaben der CSDDD möglichst gering gehalten werden.

Ach, gar.

[Update] Das BAFA hat am 01.10.25 „Gewehr bei Fuß“ mitgeteilt, wonach es die Prüfung der Unternehmensberichte ab sofort einstellt und dass die laufende Ordnungswidrigkeitenverfahren auf Grundlage dieser Tatbestände ebenfalls eingestellt und keine neuen Verfahren eröffnen werden. Außerdem: Bußgelder nur werden nur noch bei schweren Verstößen verhängt, sofern gravierenden Menschenrechtsverletzungen gegeben sind. Nicht gravierende Menschenrechtsverletzungen sind Ok.

Jetzt ist Schluss mit überbordender Bürokratie beim Hashtag#Lieferkettengesetz

Ja. Sie borded vielleicht nicht mehr über, bleibt aber an Bord.

Am 3. September hatten wir im Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der die derzeit im Gesetz verankerte Berichtspflicht für Unternehmen ersatzlos und rückwirkend streicht, ebenso wie neun von dreizehn Tatbeständen im Katalog der Ordnungswidrigkeiten.

Es geht um das Gesetz zur Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes – Entlastung der Unternehmen durch anwendungs- und vollzugsfreundliche Umsetzung. Dieses Gesetz ist Stand 27.09.25 weder veröffentlicht worden noch in Kraft getreten.

Vor diesem Hintergrund sei dahingestellt, ob ein Ministerium ein anderes Ministerium auf Grundlage einer noch nicht in Kraft getretenen Rechtsvorschrift Anweisungen erteilen kann.

Interessant ist vor allem die Frage, weshalb das BMWE, maßgeblich in Person von Katherina Reiche als amtierende Wirtschaftsministerin, das LkSG nicht sang und klanglos eingestampft hat, so wie es im Koalitionsvertrag (Zeile 1909) vereinbart ist?

Das LkSG hätte ohnehin nie in Kraft treten sollen, weil schon lange bekannt war, dass auf europäischer Ebene Vergleichbares geplant und damit auch klar war, das deutsche Unternehmen von doppelten Berichtspflichten betroffen sind. Dessen ungeachtet hat der deutsche Gesetzgeber seinen Stiefel durchgezogen. Und jetzt jubiliert derselbe deutsche Gesetzgeber, dass er Bürokratieabbau betreibe.

Die Reduzierung von Berichtspflichten ist kein Bürokratieabbau, sondern Bürokratieverschleppung.

Abgesehen davon wurden in betroffenen Unternehmen bereits zig Mannstunden oder gar -monate in die Umsetzung dieses gesetzgeberischen Rohrkrepierers investiert. In diesen Unternehmen freuen man sich jetzt bestimmt wie Bolle, dass man sich mit einem neuen Gesetz beschäftigen soll, dass die Berichtspflichten des LkSGs reduziert.

Merke: Bürokratieabbau ist, wenn mehr Gesetze zu weniger Pflichten bei einem einzigen Gesetz führt. Verstehe diese Logik, wer will.

In einem nächsten Schritt soll das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz durch eine bürokratiearme Umsetzung der europäischen Richtline Hashtag#CSDDD ersetzt werden.

Oder anders ausgedrückt: Vom Regen in die Traufe.

Und „bürokratiearme Umsetzung der europäischen Richtline“ ist vom Wahrheitsgehalt bei Aussagen wie „Reichweite bis zu X km“ anzusiedeln. Dazu hat jemand mal gesagt, dass alles, was nach „bis zu“ kommt, gelogen sei. Bürokratiearm wäre es gewesen, wenn das LkSG unverzüglich abgeschafft worden wäre und die Bundesregierung bei den betroffenen Unternehmen um Entschuldigung gebeten und eine Steuergutschrift für sinnfreien Aufwand ausgestellt hätte.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Belastungen der Unternehmen aus der Umsetzung der Vorgaben der CSDDD möglichst gering gehalten werden.

Immerhin erkennt sie an, dass die Umsetzung der CSDDD-Richtlinie Unternehmen belastet. Was sie aber nicht dazu bringt, auf europäische Ebene machtvoll dagegen zu opponieren. Mehr als ein lahmes „Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass [...]“ ist offenbar nicht drin. Nebenbei: Die Umsetzung der CSDDD-Richtlinie in nationales Recht ist durch eine Stop-the-clock-Richtlinie um ein Jahr auf Ende 2027 verschoben worden.

Fazit: Regulatorisches Stückwerk mit einhergehender Bürokratieverschleppung, unterlassenem Bürokratieabbau und Gängelung von Unternehmen.

Kann muss weg.